Sehr kritisch sehen die Ergebnisse einer Studie die Rolle der Algorithmen bei der Wahlwerbung von Parteien. So heißt es:
>>[...] Für die neue Studie analysierte das Team politisches Targeting auf Facebook und Instagram. Der Datensatz umfasste über 80.000 politischen Werbeanzeigen im Zusammenhang mit dem Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021. Die Anzeigen wurden von Parteien des gesamten politischen Spektrums geschaltet und erzielten insgesamt mehr als 1,1 Milliarden Impressionen. „Unsere Analysen bieten einen einzigartigen Einblick in die Targeting-Strategien aller Parteien bei einer Wahl mit mehr als 60 Millionen Wahlberechtigten“, meint Feuerriegels Doktorand und Erstautor der Studie Dominik Bär.
Algorithmus belohnt Populismus und verstärkt Stereotype
Anhand dieser Daten untersuchten die Forschenden, in welchem Ausmaß die Parteien gezieltes Targeting nutzten und inwieweit die Kosten für die Werbung (Impressionen pro eingesetztem Euro) variierten. „Wir stellen fest, dass zielgerichtete Werbung über das gesamte politische Spektrum hinweg genutzt wird“, so Bär. „In der Zeit vor der Wahl verwendeten über 70 Prozent aller Anzeigen Targeting.“ Allerdings waren nicht alle Parteien damit gleichermaßen erfolgreich: „Wir finden erhebliche Unterschiede in der Reichweite bei einem gegebenen Budget“, sagt Feuerriegel. Die Grünen bilden das Schlusslicht und bekamen die wenigsten Impressionen für ihr Geld. Am besten schnitt hingegen die rechtspopulistische AfD ab – ihre Werbung war fast sechsmal so kosteneffizient wie die der Grünen. „Der größere Erfolg der AfD-Werbung könnte darauf zurückzuführen sein, dass aufrührerische politische Themen, die von populistischen Parteien propagiert werden, in den sozialen Medien in der Regel große Aufmerksamkeit erregen.“ In der Folge würden die Algorithmen Kampagnen mit entsprechenden Inhalten bevorzugt ausspielen. Eine weitere Erkenntnis der Studie: Bei allen Parteien kam es zu Diskrepanzen zwischen der eigentlich angestrebten und der tatsächlich erreichten Zielgruppe. Während die meisten Parteien ein tendenziell jüngeres Publikum erreichten, als geplant, verschob sich der gewünschte Altersbereich bei der AfD nach oben. Fast alle Parteien erreichten mehr Männer als anvisiert, nur bei den Grünen waren es umgekehrt mehr Frauen. Feuerriegel und seine Kollegen vermuten, dass die Algorithmen basierend auf bekanntem Wählerverhalten Anzeigen verzerrt ausspielen. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen die komplexe Beziehung zwischen digitalen Wahlkampfstrategien und demokratischen Prozessen und mahnen zur Vorsicht, wenn Algorithmen den Erfolg von Wahlkampagnen beeinflussen“, sagt Bär. „Außerdem ist mehr Transparenz der Plattformen im Hinblick auf politische Werbung nötig, um faire und sichere Wahlen zu gewährleisten“, fügt Feuerriegel an. Politische Entscheidungsträger sollten sich deswegen verstärkt mit der Gestaltung wirksamer regulatorischer Rahmenbedingungen auseinandersetzen. [...]<<
Quelle: https://idw-online.de/de/news835776 und Prof. Dr. Stefan Feuerriegel, LMU München
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